Der industrielle Raspberry Pi: Von der Schule zum Shopfloor

Der Raspberry Pi hat seit seiner Einführung im Jahr 2012 eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen und sich zu einem der beliebtesten Einplatinencomputer auf dem Markt entwickelt. Dieser Erfolg ist zum Teil auf das Engagement von Eben Upton zurückzuführen, dem Gründer der Raspberry Pi Foundation.

Eben Upton hatte die Vision, einen kostengünstigen und zugänglichen Computer zu schaffen, der Schülern und Schülerinnen dabei helfen sollte, Programmierkenntnisse zu erlernen und ihre technologischen Fähigkeiten zu entwickeln. Der Raspberry Pi bietet eine Vielzahl von Vorteilen und Alleinstellungsmerkmalen, darunter ein günstiger Preis, eine breite Unterstützung durch die Community, eine einfache Handhabung und eine hohe Erweiterbarkeit. Mit seiner leistungsstarken Software, wie dem quelloffenen, auf Linux basierenden Betriebssystem Raspberry Pi OS (früher Raspbian genannt), können Nutzer auf eine Fülle von Tools, Bibliotheken und Projekten zugreifen, die speziell für den Raspberry Pi entwickelt wurden. Dies ermöglicht es Menschen, ihre eigenen Projekte zu realisieren und ihre Kreativität in den Bereichen Elektronik, Programmierung und Robotik auszuleben.

Der Raspberry Pi, genauer gesagt der Raspberry Pi Model B, hat sich als äußerst beliebter Einplatinencomputer etabliert. Dennoch weist er einige Eigenschaften auf, die ihn für den Einsatz in industriellen Umgebungen weniger geeignet machen. Zum einen ist der Raspberry Pi Model B aufgrund seines Formfaktors und seiner Größe nicht optimal für den Einbau in industrielle Gehäuse oder die Integration in bestehende industrielle Systeme geeignet. Darüber hinaus fehlen ihm spezifische Funktionen und Schnittstellen, die für industrielle Anwendungen erforderlich sein können, wie erweiterte I/O-Optionen, Toleranzen gegen Störeinflüsse oder eine verbesserte Stromversorgung.

Das Raspberry Pi Compute Module: Der Game-Changer für den Einsatz in der Industrie

Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden und den Anforderungen der Industrie besser zu entsprechen, hat die Raspberry Pi Foundation im Jahr 2014 das Raspberry Pi Compute Module entwickelt. Das Compute Module wurde speziell für den Einsatz in industriellen und kommerziellen Umgebungen konzipiert. Es ist in einem kompakten Formfaktor gehalten, der eine einfache Integration in bestehende Systeme ermöglicht. Das Compute Module benötigt ein sogenanntes Carrier Board, um genutzt werden zu können. Das Compute Module selbst ist eine abgespeckte Version des Raspberry Pi, die keine Anschlüsse oder Schnittstellen wie USB-Ports, HDMI oder Ethernet direkt aufweist. Stattdessen wird das Compute Module auf ein Carrier Board gesteckt, das die erforderlichen Anschlüsse, Schnittstellen und Erweiterungsmöglichkeiten bereitstellt. Das Carrier Board dient als Schnittstelle zwischen dem Compute Module und anderen Komponenten oder Geräten und ermöglicht so die Integration des Compute Modules in verschiedene Anwendungen und Systeme. Es erweitert die Funktionalität des Compute Modules und bietet zusätzliche Flexibilität und Anpassungsmöglichkeiten.

Die verschiedenen Generationen des Raspberry Pi Compute Modules

2014
Raspberry Pi Compute Module
Frontalansicht der ersten Generation des Raspberry Pi Compute Module

2014 kam die erste Generation des Compute Module auf den Markt und war eine abgespeckte Version des Raspberry Pi Model B mit einem SODIMM-Formfaktor. Es war mit einem Single-Core Broadcom BCM2835 Prozessor mit 700 MHz und 512 MB RAM ausgestattet.

2017
Raspberry Pi Compute Module 3
Frontalansicht eines Raspberry Pi Compute Module 3

Im Jahr 2017 folgte das Compute Module 3 (ein Compute Module 2 gab es nie), das auf dem Raspberry Pi 3 basierte und eine verbesserte Rechenleistung, vor allem aufgrund des neu verbauten Quad-Core Broadcom BCM2837 mit 1.2 GHz Taktrate und 1 GB RAM, bot.

2019
Raspberry Pi Compute Module 3+
Frontalansicht eines Raspberry Pi Compute Module 3+

Das Compute Module 3+ wurde im Jahr 2019 eingeführt und war eine Weiterentwicklung des Compute Module 3. Der größte Unterschied war vor allem, dass ab sofort nicht mehr nur 4 GB eMMC Flash-Speicher zur Verfügung standen, sondern zwischen 8 GB, 16 GB und 32 GB eMMC Flash-Speicher ausgewählt werden konnte.

2020
Raspberry Pi Compute Module 4
Frontalansicht eines Raspberry Pi Compute Module 4

Im Jahr 2020 wurde das Compute Module 4 eingeführt. Bei der vierten Generation des Compute Modules wurde erstmals nicht mehr der bekannte SODIMM-Formfaktor genutzt, sondern ein neuer Formfaktor in der Größe ähnlich einer Kreditkarte mit zweifachem 100-poligem elektrischem High-Density-Schnittstellenanschluss. Das Compute Module 4 bietet im Vergleich zum Compute Module 3+ eine Reihe von Verbesserungen und neuen Features, darunter einen leistungsstärkeren Prozessor mit dem Arm Cortex-A72, erweiterte RAM-Kapazität von bis zu 8 GB, optionale Verfügbarkeit von WLAN und Bluetooth, eine PCIe-Schnittstelle sowie die Unterstützung von Gigabit Ethernet.

2022
Raspberry Pi Compute Module 4S
Frontalansicht eines Raspberry Pi Compute Module 4S

Auch wenn das Compute Module 4 allgemein als das aktuelle Compute Module angesehen wird, ist dies genau genommen nicht der Fall. Im Jahr 2022 hat die Raspberry Pi Foundation aufgrund der unter anderem durch die Covid-19-Pandemie ausgelösten weltweiten Chipkrise entschieden, ausgewählten Kunden ein Compute Module 4S zur Verfügung zu stellen. Dieses Compute Module 4S zeichnet sich dadurch aus, dass es mit dem Arm Cortex-A72 den gleichen Prozessor nutzt wie das Compute Module 4, jedoch als Platinen-Formfaktor das bekannte SODIMM-Design beibehält. Daher besitzt dieses Modul auch kein WLAN und keine PCIe-Schnittstelle. Während anfangs das Modul nur mit 1 GB RAM verfügbar war, bietet Raspberry Pi das Modul seit 2024 auch mit bis zu 8 GB RAM an und ist jetzt auch für jeden verfügbar. Das Compute Module 4S (kurz CM4S) setzen wir beispielsweise in der Revolution Pi S/SE-Serie ein.

Revolution Pi – Der industrielle Raspberry Pi seit 2016

Ende 2016 hat KUNBUS mit dem RevPi Core, dem ersten Revolution Pi Controller auf Basis des Raspberry Pi Compute Module (1. Generation) auf den Markt gebracht. Den kompletten Werdegang des Revolution Pi von 2016 bis heute kannst Du auf der Seite Die Geschichte des Revolution Pi nachlesen.

Fazit: Die Bedeutung des Raspberry Pi Compute Modules für die industrielle Anwendung und ein Ausblick auf die Zukunft

Abschließend lässt sich sagen, dass das Compute Module den Weg für Raspberry Pi und Open Source in die industrielle Anwendung geebnet hat. Es hat sich von einem für die Lehre entwickelten Computer zu einem robusten, industrietauglichen Gerät entwickelt. Mit seiner geringen Größe, Flexibilität und kosteneffektiven Leistung hat es die Art und Weise, wie wir über eingebettete Systeme denken, verändert. Mit jedem neuen Modul erweitert Raspberry Pi sein Potenzial und öffnet neue Türen für kreative Lösungen. Und die Zukunft? Sie sieht strahlend aus. Die nächste Generation verspricht noch mehr Leistung, Effizienz und Anpassungsfähigkeit. Eines ist sicher: Das Raspberry Pi Compute Module ist hier, um zu bleiben und die industrielle Welt weiterhin zu beeinflussen.